Die Welt um uns und unsere Wahrnehmung dieser Welt haben sich verändert. Es gibt beängstigende Brüche und Veränderungen, die auch in unseren Organisationen spürbar werden. Was wir früher noch in Überschriften auf Powerpointfolien lässig formuliert oder in knackige Akronyme gewickelt haben, das ist jetzt Realität. Und jetzt?
Angesichts der vielen Bruchlinien braucht es aus meiner Sicht in den Unternehmen und Organisationen einen sehr klaren Blick auf diese Veränderungen. Erbauende Kalendersprüche, Instagram-Postings, Zuversichts-Literatur oder Heilsversprechungen reichen nicht mehr. Wir müssen schleunigst ins Tun kommen. Aber wie? Ich finde das Salutogenese-Modell von Aaron Antonovsky dabei sehr hilfreich. Über die Dimensionen Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit bildet sich ein sogenanntes Kohärenzgefühl aus. Diese Dimensionen können aus meiner Erfahrung im unternehmerischen Kontext gezielt thematisiert und gefördert werden. Sie bilden Ansatzpunkte fürs Tun. Dazu ein paar Gedanken.
Verstehbarkeit
Wir müssen uns in den Organisationen mit den neuen Anforderungen und Realitäten auseinandersetzen. Dabei geht es darum, die relevanten Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, sie ins eigene Unternehmen zu übersetzen und in ihrer Vielschichtigkeit und im Kontext der Organisation zu verstehen. Dafür braucht es Zeit und Denk-Formate, die in die Tiefe gehen und die es ermöglichen, gemeinsame Sichtweisen aufzubauen und Ansatzpunkte zu identifizieren. Kein schnelles Commitment, kein Drüberhudeln. Viel Unbekanntes verliert seine Bedrohung, wenn wir uns damit auseinandersetzen. Die Angst vergeht mit dem Hinschauen. Das betrifft Budgetkürzungen genauso wie technologische Veränderungen. Wir können das eine oder andere Info-Meeting getrost kübeln und statt dessen dafür nutzen, die Themen gemeinsam auszuloten und gemeinsame Räume des Verstehens zu verankern.
- Reflex-Lösungen aus der Vergangenheit vermeiden
- interne Denk- und Austauschformate verankern
- einen sachlichen Dialog in der Organisation forcieren
Handhabbarkeit
Wir können, das steht hinter dem Begriff der Handhabbarkeit, die eigene Gegenwart und Zukunft gestalten. Dieses mentale Modell ist aus meiner Sicht ein zentraler Punkt, den wir jetzt fördern und kultivieren müssen. Es geht um Selbstwirksamkeitserfahrungen auf einer persönlichen und organisationalen Ebene, die mit dem Tun und der Umsetzung von kleinen Schritten entstehen. Es geht auch ums Dranbleiben. Die meisten Organisationen verfügen über viele Erfahrungen, Ressourcen und Qualitäten, die genau jetzt dafür dienen, neue Routinen zu entwickeln und ins Tun zu kommen. Viele Themen der letzten Jahren von der Agilität bis zu hin zu New Work sind jetzt wichtig, weil sie uns bei der Umsetzung helfen können.
- die Ressourcen und Learnings der letzten Jahre bündeln
- kleine wirksame Umsetzungs-Units bauen und dranbleiben
- mit kleinen wirksamen Schritten und Prototypen ins Tun kommen
Bedeutsamkeit
Jetzt geht es um viel. Mir scheint, der Purpose, den wir manchmal in den Mission Statements fast verzweifelt formuliert haben, der liegt jetzt deutlicher vor uns: Es geht um unsere Art zu leben, um die Demokratie, um unseren Wohlstand und um unsere Lebensgrundlage. Und es geht um den Beitrag unserer Organisationen zu dieser Welt. Es geht aber auch um neue Budgets, um sinnvolle und hilfreiche Produkte und Services, um Reduktion und um die Steigerung der Performance. Das eine oder andere Buzzwort kann hier getrost eingestampft werden.
- Mission Statements entsorgen oder aufwerten
- Wirksamkeitserfahrungen sichtbar machen
- auf das Bedeutsame und Wesentliche fokussieren
Was wir jetzt brauchen ist vielleicht ein wenig erdiger, pragmatischer, weniger Hochglanz, weniger Religion. Das ist gut, denn den Hochglanz haben wir in den letzten Jahren zur Genüge gesehen und hoffentlich die Essenzen daraus gelernt. In diesem Sinne bin ich optimistisch, dass das Beste tatsächlich noch vor uns liegt.